KönigsImpulse
im Oktober
Wer seine Bitte nur weiß zitternd vorzutragen,
lehrt, den der bittet, ihm sein Bitten abzuschlagen. Theodor Fontane
beim
Schreiben merke ich, wie „bitten“ –
das Thema für Oktober – mir schwer fällt.
Wenn ich
bitte, zeige ich Schwäche. Dann mute ich mich und meine Nöte den anderen zu.
Viele Jahre lang habe ich alles daran gesetzt, möglichst alles selbst auf die
Reihe zu bekommen.
Der erste
Schritt: Ich gestehe mir ein, dass ich Unterstützung, Hilfe, Entgegenkommen –
was auch immer – brauche und auch annehmen will. Ich akzeptiere, dass ich nicht
alles alleine kann und/oder nicht alleine machen will.
Mit dem
zweiten Schritt prüfe ich, an wen ich meine Bitte richten möchte. Denn, wenn
ich bitte, bringe ich etwas Neues in eine bestehende Beziehung. Wird diese das
aushalten? Das hängt auch sehr von der Größe der Bitte ab. Ob ich darum bitte,
den Brief bei der Post einzuwerfen ist etwas anderes, als wenn ich mir von
jemandem 10.000 Euro leihen möchte.
Wobei – das
gebe ich zu bedenken - die Größe sehr davon abhängt, wer drauf schaut. Während
ich mich womöglich scheue, die Familie meines Bruders darum zu bitten, eine
Woche lang die Kinder aufzunehmen („Das kann ich ihr nicht zumuten!“), würden
er und seine Familie sich womöglich darauf freuen, einmal eine richtig große
Familie um seinen Esstisch sitzen zu haben. War ich früher sehr sparsam damit,
andere um Hilfe zu bitten, mache ich’s inzwischen häufiger. Denn: Die Erfahrung
hat mich gelehrt, dass es sehr viele Menschen gibt, die mit Freude helfen.
Und nicht zu
vergessen: Gerade in Partnerschaften ist es wesentlich, dem anderen seine
Wünsche mitzuteilen und in Bitten zu kleiden. Oft wird in stummer Erwartung
gehofft oder gegrummelt –
eine klar
formulierte Bitte ist eine Einladung, sich besser zu verstehen und sich näher
zu kommen.
Bevor ich an
den anderen herantrete, kommt der dritte Schritt: Ich mache mir klar, dass eine
Bitte abgelehnt werden kann, dass sie erfüllt werden kann, dass der andere
Bedingungen an die Erfüllung knüpfen kann.
Und: Halte
ich den Augenblick aus, wenn mein Gegenüber nachdenkt und erwägt, meine Bitte
abzulehnen?
Der vierte
Schritt: Ich formuliere genau meine Bitte. Ich benenne, was ich vom anderen
möchte. Vielleicht erkläre ich auch dem anderen, warum ich mich an ihn wende
oder warum mir die Erfüllung der Bitte so wichtig ist.
Die Form des
Bittens – ist wie Fontane beschrieben hat - ein Balanceakt:
· Formuliere ich die Bitte keck und mit Witz?
·
Trete
ich devot und wie ein Bückling auf?
·
Räume
ich dem Befragten genug Luft
zum Entscheiden ein oder bedränge ich ihn?
Wenn der
Impuls, die Geste und die Form übereinstimmen, dann ist das Bitten etwas
Wunderschönes.
Gerne denke
ich an den vielleicht vierjährigen, blonden Buben, der auf den Schoß seiner
Mutter klettert, mit den Händen ihr Gesicht streichelt, seinen Kopf in ihre
Halskuhle vergräbt und bettelt „Bitte, bitte. Ach Mama. Bitte, bitte!“ – Alle
die das beobachtet haben, schmunzelten und verstanden nur zu gut, warum Mama den
Wunsch des Kleinen erfüllt hat.
Das Bitten
ist mir heute schwer gefallen. Lieber lasse ich mich von anderen freundlich
bitten - J
Dennoch:
Wagen Sie’s. Experimentieren Sie. Muten Sie sich den anderen zu. Beobachten
Sie, was sich dadurch ändert. Mit jedem Versuch, können sie freier werden. Und
mit Sicherheit werden Sie viele Überraschungen erleben.
Soweit für
heute, wenn Sie einen Wunsch, eine Bitte an mich haben . . . Bitteschön! Gerne doch!
Ihr Gunter
König