Mittwoch, 10. Oktober 2012

Wer seine Bitte nur weiß zitternd vorzutragen,


KönigsImpulse im Oktober

 

Wer seine Bitte nur weiß zitternd vorzutragen,

lehrt, den der bittet, ihm sein Bitten abzuschlagen. Theodor Fontane



 
Guten Tag,

beim Schreiben merke ich, wie „bitten“ – das Thema für Oktober – mir schwer fällt.

Wenn ich bitte, zeige ich Schwäche. Dann mute ich mich und meine Nöte den anderen zu. Viele Jahre lang habe ich alles daran gesetzt, möglichst alles selbst auf die Reihe zu bekommen.

Der erste Schritt: Ich gestehe mir ein, dass ich Unterstützung, Hilfe, Entgegenkommen – was auch immer – brauche und auch annehmen will. Ich akzeptiere, dass ich nicht alles alleine kann und/oder nicht alleine machen will.

Mit dem zweiten Schritt prüfe ich, an wen ich meine Bitte richten möchte. Denn, wenn ich bitte, bringe ich etwas Neues in eine bestehende Beziehung. Wird diese das aushalten? Das hängt auch sehr von der Größe der Bitte ab. Ob ich darum bitte, den Brief bei der Post einzuwerfen ist etwas anderes, als wenn ich mir von jemandem 10.000 Euro leihen möchte.

Wobei – das gebe ich zu bedenken - die Größe sehr davon abhängt, wer drauf schaut. Während ich mich womöglich scheue, die Familie meines Bruders darum zu bitten, eine Woche lang die Kinder aufzunehmen („Das kann ich ihr nicht zumuten!“), würden er und seine Familie sich womöglich darauf freuen, einmal eine richtig große Familie um seinen Esstisch sitzen zu haben. War ich früher sehr sparsam damit, andere um Hilfe zu bitten, mache ich’s inzwischen häufiger. Denn: Die Erfahrung hat mich gelehrt, dass es sehr viele Menschen gibt, die mit Freude helfen.

Und nicht zu vergessen: Gerade in Partnerschaften ist es wesentlich, dem anderen seine Wünsche mitzuteilen und in Bitten zu kleiden. Oft wird in stummer Erwartung gehofft oder gegrummelt –

eine klar formulierte Bitte ist eine Einladung, sich besser zu verstehen und sich näher zu kommen.

Bevor ich an den anderen herantrete, kommt der dritte Schritt: Ich mache mir klar, dass eine Bitte abgelehnt werden kann, dass sie erfüllt werden kann, dass der andere Bedingungen an die Erfüllung knüpfen kann. 

Und: Halte ich den Augenblick aus, wenn mein Gegenüber nachdenkt und erwägt, meine Bitte abzulehnen?

Der vierte Schritt: Ich formuliere genau meine Bitte. Ich benenne, was ich vom anderen möchte. Vielleicht erkläre ich auch dem anderen, warum ich mich an ihn wende oder warum mir die Erfüllung der Bitte so wichtig ist.

Die Form des Bittens – ist wie Fontane beschrieben hat - ein Balanceakt:

        ·         Formuliere ich die Bitte keck und mit Witz?

·         Trete ich devot und wie ein Bückling auf?

·         Räume ich dem Befragten genug Luft  
          zum Entscheiden ein oder bedränge ich ihn?

Wenn der Impuls, die Geste und die Form übereinstimmen, dann ist das Bitten etwas Wunderschönes.

Gerne denke ich an den vielleicht vierjährigen, blonden Buben, der auf den Schoß seiner Mutter klettert, mit den Händen ihr Gesicht streichelt, seinen Kopf in ihre Halskuhle vergräbt und bettelt „Bitte, bitte. Ach Mama. Bitte, bitte!“ – Alle die das beobachtet haben, schmunzelten und verstanden nur zu gut, warum Mama den Wunsch des Kleinen erfüllt hat.

Das Bitten ist mir heute schwer gefallen. Lieber lasse ich mich von anderen freundlich bitten - J

Dennoch: Wagen Sie’s. Experimentieren Sie. Muten Sie sich den anderen zu. Beobachten Sie, was sich dadurch ändert. Mit jedem Versuch, können sie freier werden. Und mit Sicherheit werden Sie viele Überraschungen erleben.

Soweit für heute, wenn Sie einen Wunsch, eine Bitte an mich haben  . . . Bitteschön! Gerne doch!

Herzlich grüßt

Ihr Gunter König