Dienstag, 10. Mai 2011

Man gewöhnt sich an alles – sogar an sich selbst


KönigsImpulse im Mai 2011

„Verflixt und zugenäht!“ Ohne Schlüssel stehe ich vor meiner Praxis. Ich brummele vor mich hin.
An diesem Tag lief schon manches schief, bis ich aufmerkte und umschaltete.
Normalerweise beginne ich meine Arbeit mit dem Kunden um 9 Uhr. Dann habe ich gefrühstückt, bin vorbereitet und wohlgemut auf den Tag eingestimmt.
Manchmal bin ich liebenswürdig und vereinbare auf Wunsch meiner Klienten 30 Minuten früher einen Termin. Für diesen Klienten war ich sehr liebenswürdig –  schon um 8 Uhr hatten wir uns verabredet.  Deshalb bin ich heute früh ohne Frühstück nur mit einer Tasse Tee in Büro geeilt und stehe jetzt ohne meine Schlüssel vor der Bürotür.

Kurzerhand verlegten wir das Gespräch ins Café und arbeiteten dort konzentriert. Die nächsten Gespräche folgten nahtlos – inzwischen in meinen Räumen. Dass ich schleichend immer mehr unter Strom stand – das ignorierte ich. Erst als um 13.15 Uhr noch ein Anruf von der VHS kam – der Kurs am Abend würde ausfallen – und ich verärgert reagierte, merkte ich: Ich war viel zu angespannt. Die angespannte Eile vom Morgen hatte ich mit in den Tag genommen.
Ich horchte in mich hinein. In solchen Situationen, bei außerordentlichen Gelegenheiten, stelle ich mir ein Stimmungsthermometer vor und frage mich, wo sich die Quecksilbersäule befindet:
-        Wie hoch ist meine Energie (von reif fürs Bett bis zum Bäume ausreißen)?
-        Auf welcher Skala  stehen meine Gefühle (von wurstig, zornig, traurig bis enthusiastisch, liebevoll, lebensfroh)?
Ich merkte: Auf meiner Skala der Angespanntheit war ich mindestens bei 70 angelangt – 100 ist das Limit. Im Alltag, wenn alles fließt, bewege ich mich mit einer Anspannung zwischen 30 und 40. Doch 70 waren eindeutig zu viel.
Ich beschließe, eine kurze Regenerationszeit zu nehmen: eine Kleinigkeit essen, mit der Bedienung scherzen, bewusst schmecken, riechen, fühlen und hören. Bald hatte ich mich wieder eingependelt und bewegte mich mit „Anspannung 40“ zum Büro zurück.
Wieder merke ich, wie wichtig es ist, sich vor Beginn der Arbeit (und auch zwischendurch) zu kalibrieren, abzuchecken: Wo stehe ich? Sich neu zu eichen und einzustimmen. Wenn ich das nächste Mal liebenswürdigerweise einen frühen Termin vereinbare, werde ich mir am Morgen drei Minuten schenken, mich auf den Tag und die Situation einstimmen und die Schlüssel einstecken.
Mein Tipp: Experimentieren Sie dreimal täglich eine Minute, nehmen Sie Ihre gewohnten Muster bewusst wahr mit dem Stimmungsthermometer. Nehmen Sie wahr, was Sie fühlen und in welcher Stärke. Ihr Stimmungsthermometer signalisiert Ihnen sofort, wie es um Sie steht. Und die notwendigen Handlungen liegen meist auf der Hand.
Wenn Sie drangehen wollen, wie Sie den Ausschlägen auf Ihrem Stimmungsthermometer umgehen – Sie wissen ja: ich freu’ mich auf ein Gespräch mit Ihnen.
Herzliche Grüße Gunter König